21 März 2019

OM(G)_2.0 >>> Teil I

Glut ist ein Sinnbild für extreme Gefühle. Sie reichen von dem sprichwörtlichen glühenden Zorn bis zur brennenden Liebe. In der Literatur, im Film, in der Philosophie und in der Kunst. Im religiösen Kontexten beschreibt Glut sowohl den vernichtenden Zorn Gottes als auch die hingebungsvolle Zuwendung der Gläubigen.
Im Weltverständnis des frühen vedischen Kultur Indiens ist die Glut – auch Tapas genannt - eine Urenergie, die das Denken und Fühlen bewegt, die lebendig macht und über das hinausführt, was gegeben ist. Sie entsteht aus Reibung zwischen dem Offenbaren und dem Unsichtbaren, dem Wort und dem Geist, dem Atem und dem Ich.
 
Glut symbolisiert die energiegeladene Sprengkraft zwischen einer willkürlichen, alles vernichtenden Urgewalt und der aufbauenden Kraft universeller Hingabe und Liebe. Tatsächlich findet Glut mit ihrer extrem zerstörerischen und gleichsam erneuernden Eigenschaft im Erdinneren ihre Entsprechung. Glühendes Eisen ist zusammen mit Nickel wahrscheinlich der Hauptbestandteil des Erdkerns und erzeugt mit seinen thermischen Kräften im äußeren Kern das Erdmagnetfeld.
 
Um diesem ambivalenten, zutiefst polarisierenden Wesen der Glut auf die Spur zu kommen, habe ich Video-und Klangaufnahmen in einer Eisengießerei machen dürfen. Für die Installation OM(G)_2.0 erforsche ich den Rhythmus und das Wesen der Glut - und den schmalen Grat zwischen Liebe und Wut, wenn es um große Gefühle geht.

Glut-Rhythmus 1. Versuch mit "Schlacke": Film ab + Ton ab
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13 März 2019

VERBLÜHEN & VERWELKEN

KünstlerInnen sind immer ein Stück weit Forscher, wenn auch mit höchst eigenartigen Methoden: Feldforscher, Naturforscher, Gefühlsforscher, Chaosforscher, Erinnerungsforscher. Traumforscher, Wortforscher. Ich erforsche zurzeit das „Wesen der Glut“. Dabei bin ich auf eine Forschungsreihe gestoßen, die ich vor 12 Jahren begonnen habe, die aber nie – obwohl sehr akribisch gemacht – einen Weg in die Öffentlichkeit gefunden hat. Manchmal müssen Ideen reifen wie ein guter Wein.
 
Victor Hugo sagt: Nichts auf der Welt ist so mächtig wie eine Idee, deren Zeit gekommen ist.
 
Und wenn die Zeit gekommen ist, dann muss man sie am Schopfe packen. Das mache ich jetzt und heute und gebe der 12 Jahre zurückliegenden Hibiskus-Forschung einen Raum, betrachte sie als ein Geschenk an mich selbst und stelle ihr das Gedicht „Du musst das Leben nicht verstehen“ zur Seite.

VERBLÜHEN

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Du musst das Leben nicht verstehen,
dann wird es werden wie ein Fest.
Und lass dir jeden Tag geschehen
so wie ein Kind im Weitergehen von jedem Wehen
sich viele Blüten schenken lässt.
 
Sie aufzusammeln und zu sparen,
das kommt dem Kind nicht in den Sinn.
Es löst sie leise aus den Haaren,
drin sie so gern gefangen waren,
und hält den lieben jungen Jahren
nach neuen seine Hände hin.
Rainer Maria Rilke, 8.1.1898, Berlin-Wilmersdorf
 
VERWELKEN

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Und so kann das Ganze als Rauminstallation aussehen: