29 September 2016

Der Adler im Ameisenpanzer

Der menschliche Schöpfergeist kann verschiedene Erfindungen machen,
doch nie wird ihm eine gelingen,
die schöner, ökonomischer und geradliniger wäre
als die der Natur,
denn in ihren Erfindungen fehlt nichts,
und nichts ist zu viel.
 
Leonardo da Vinci
 
Die Evolution hat im Laufe der Zeit geniale Lösungen für Anpassungen an extreme Lebensräume entwickelt. Ob im Wasser, an Land oder in der Luft – wer überleben will, braucht besondere Fähigkeiten und Eigenschaften.
Die BIONIK ist ein Forschungsgebiet zwischen Biologie und Technik. Bioniker  versuchen, die Geheimnisse von Naturprinzipien zu entschlüsseln und sie als Vorbild für die Entwicklung neuer technischer Lösungen zu nutzen. Zum Beispiel untersuchen sie das Schwarmverhalten von Ameisen – um unseren chaotischen Verkehr besser lenken zu können, um Transportprobleme in den Begriff zu bekommen und um Massenpaniken bei Großveranstaltungen verhindern zu können.

Straßen von Ameisen
Straßen von Menschen

Das Schwarmverhalten von Ameisen, Fischen und Vögeln bietet erstaunlich viele, teils grotesk anmutende Parallelen zu unserem menschlichen Verhalten. So bietet ein Schwarm in erster Linie Schutz vor (Freß-)Feinden. Wenn etwas Fremdes näher kommt, dass uns möglicherweise bedrohen könnte, dann rücken wir erst einmal zusammen. Gemeinsam sind wir stark. Einer für alle. Alle für einen. Eine uralte Überlebensstrategie. Unter Vielen ist man sicherer als alleine.

 
Tierschwarm
Menschenschwarm

Nur, wo bleibt der Einzelne im Schwarm? Wo bleibt unsere Individualität, das Besondere, Unverwechselbare? Dafür scheint in einem Schwarm kein Platz zu sein. Wir finden in der Gemeinschaft zwar den Schutz, den wir brauchen – aber im Grunde kokettieren wir doch sehr mit dem Naturell eines Raubvogels. Sind fasziniert von seiner Einzigartigkeit, seiner Autonomie, seiner Stärke, seiner vermeintlichen Überlegenheit.
 

Vielleicht treffen wir oftmals solche merkwürdigen, absolut chaotischen und sich teilweise widersprechenden Entscheidungen, weil wir ständig zwischen den beiden Extremen hin-und-herspringen: den Schutz der Gemeinschaft auf der einen Seite, und die Lust an der Einzigartigkeit auf der anderen.
 
>>> Der Adler im Ameisenpanzer <<<

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Meine blog-Einträge werden mit Zeichnungen von geflüchteten Menschen begleitet,
die in Hamburg angekommen sind. Sie sind auf
Kunstaktionen vor ihren Notunterkünften entstanden.
Es ist mir eine große Ehre, dass ich dabei fotografieren durfte.
DANKE! 
Ein junger Mann aus Kabul zeichnet Eindrücke seiner Überfahrt:
unter dem Boot befindet sich Fischschwarm und ein Hai.